Abtei Villers

In der Wallonie in Belgien liegt der kleine Ort Villers La Ville. Ganz in der Nähe befinden sich die Ruinen eines Zisterzienserklosters namens Abtei Villers (Abbaye Villers). Die weitläufigen Ruinen zählen als die am besten erhaltenen Klosterruinen Europas und sind, neben der Klosterruine Aulne, ein dankbares Ziel für Architektur-, Geschichts- oder Fotografieinteressierte.

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Abtei Villers: Geschichte

Angefangen hat alles mit der Einladung eines Ritters, Gauthier de Marbais, an ein paar Mönche aus Clairvaux in Frankreich. Er wollte, daß die Mönche ein neues Kloster gründen und schenkte ihnen das dazu benötigte Land. Eine kleine Gruppe von 17 Mönchen folgten dieser Einladung und liessen sich in dem fruchtbaren Tal nieder.

Abtei Villers, Photo: Mona Mou Photography
Die große Kirche, Abtei Villers, Photo: Mona Mou Photography

Doch kein Kloster ohne eindruckvolle Kirche. Die den Mönchen geschenkten Ländereien besassen alles, was sich die Mönche wünschen konnten. Einen Steinbruch für die Steine, Wälder für das Holz und sogar einen kleinen Fluss. Die Lage war also ideal und so begannen sie noch im selben Jahr ihrer Ankunft mit der Konstruktion einer kleinen romanischen Kirche.

Das Kloster wuchs und gedieh schnell, so daß die Mönche im Jahr 1197 unter dem aus dem Kloster Himmerod in der Eifel stammenden Abt Karl, ein wesentlich ambitionierteres Projekt angingen, nämlich den Bau einer echten gotischen Kathedrale. 100 Jahre brauchte die Kathedrale bis zu ihrer Fertigstellung. Auch die Klosteranlagen wurden nach dem typischen Bauplan der Zisterzienser angelegt und gebaut.

Zu dieser Zeit hatte die Abtei Villers ihre erste Blütezeit. Unter dem Abt Arnulf von Löwen lebten, arbeiteten und beteten hier nun rund 100 Mönche und etwa 300 Laienbrüder. Fast 10 000 Hektar Land gehörten mittlerweile zur Abtei, die Ländereien reichten sogar bis Antwerpen.

Abtei Villers, Photo: Mona Mou Photography
Aufwärmstube, Abtei Villers, Photo: Mona Mou Photography

Der Niedergang

Marodierende Söldner plünderten im 1508 die Abtei zum ersten Mal. Was in den darauffolgenden knapp 200 Jahren folgte, war eine Zeit des Niedergangs und der Kriegswirren. Insgesamt neun mal waren die Mönche gezwungen, die Abtei zu verlassen um sich selbst in Sicherheit zu bringen. Jedesmal kehrten sie nach ein paar Jahren zurück und reparierten die entstandenen Schäden. Zum Wiederaufbau nutzten sie dazu nun aber keine Steinblöcke mehr, sondern Ziegel. Diese waren wesentlich günstiger. Man kann bis heute die reparierten Bereiche daran erkennen.

Als sich ab 1715 die Lage beruhigt hatte, begann das zweite goldene Zeitalter der Abtei Villers. Viele der Gebäude aus dem Mittelalter wurden im neoklassizistischen Stil umgebaut und das Kloster um einen modernen Abtpalast und mehrere Ziergärten erweitert. Dieser Umbau wurde 1784 abgeschlossen, einer Zeit, in der die Französische Revolution ihren langen Schatten vorauswarf.

Das Jahr 1796 beschreibt dann auch das Ende der Abtei Villers. Französische Revolutionssoldaten plünderten das Kloster und jagten die übrig gebliebenen Mönche fort. Um die Spuren des verhassten Klerus zu tilgen, verkauften sie die Abtei an Händler, die sich daran machten, sie Stück für Stück abzubauen und die Baustoffe zu verkaufen. Regen und die überwuchernde Vegetation erledigten den Rest. Das einst so prächtige Kloster verfiel zusehends.

Abtei Villers, Photo: Mona Mou Photography
Speisesaal der Mönche, Abtei Villers, Photo: Mona Mou Photography

Wiederauferstehung

Doch mit dem Aufkommen der Romantik wurde 1830 auch die Ruine des Klosters „wiederentdeckt“. Immer mehr Menschen zogen die beeindruckenden Ruinen an, darunter auch den berühmten französischen Schriftsteller Victor Hugo, der die Abtei Villers sogar gleich drei mal besuchte.

Über die Jahre hinweg wurde die Ruine als Ausflugsziel immer beliebter, was auch durch einen steigenden Bekanntheitsgrad wegen der neu gebauten Bahnlinie Ottignies-Charleroi gefördert wurde. Diese haben die Bauherren nämlich einfach quer über das Klostergelände geführt. Einen Sinn für den Erhalt von Denkmälern hatte man damals noch nicht wirklich.

1892 ging die Ruine letztendlich an den Staat Belgien. Das touristische Potential haben die neuen Besitzer sofort erkannt und ein Programm zum Erhalt der bestehenden Mauerreste aufgelegt. Sie liessen Schutthaufen beseitigen, bestehendes Mauerwerk sichern und Teile wiedererrichten.

Im Jahr 1972 wurde die Abtei Villers dann endlich als Kulturelles Erbe anerkannt und entsprechend geschützt. Seit dieser Zeit werden auch immer weitere Bereiche wieder zugänglich gemacht und freigelegt.

Lage der Abtei Villers in Google Maps

Heute besuchen mehr als 100 000 Touristen die Abtei Villers jedes Jahr, Tendenz steigend.

Vielen Dank an Mona Mou Photography für die Fotos.

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