Abtei Aulne

Etwas abgelegen, im Tal der Sambre befinden sich die Ruinen der Abtei Aulne. Die Abtei wurde im Jahr 656 von dem später heilig gesprochenen Landelin von Crespin im Jahre 656 als Benediktinerkloster gegründet. Seit seiner Gründung hat das Kloster allerhand wechselhafter Zeiten erlebt.

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Landelin von Crespin – Zwanghafter Klostergründer?

Landelin von Crespin war selbst für die damalige Zeit ein sehr unsteter Mann. Als mittlerer Spross einer fränkischen Adelsfamilie Anfang des 7. Jahrhunderts geboren, bestimmten ihn seine Eltern zur Kirchenlaufbahn. Er selbst war mit dieser Entscheidung offenbar alles andere als zufrieden. Kurz vor seiner Priesterweihe floh er von seinem Erzieher und schloss sich einer Räuberbande an, dessen Anführer er wurde.

Nach ein paar Jahren besann er sich und kehrte reumütig zu seinem Erzieher zurück. Dieser ließ ihn für seine Flucht durch eiserne Disziplin büßen. Bald darauf entschied er sich dafür Mönch zu werden. Er unternahm mehrere Pilgerreisen nach Rom, bevor er sich zusammen mit seinen beiden engsten Vertrauten in Lobbes niederliess. Lobbes war eine öde Stelle an den Ufern der Sambre. Dort wollten die drei in Abgeschiedenheit leben.

Durch sein charismatisches Wesen strömten allerdings immer mehr Schüler an den Ort, so daß er sich irgendwann gezwungen sah, ein Kloster an der Stelle zu gründen. Durch seine wohlhabende Familie verfügte er über ausgedehnte Ländereien, mit denen er das neue Benediktinerkloster ausstattete. Allerdings war das Leben in einer Klostergemeinschaft nicht das Leben, das er angestrebt hatte.

Abtei Aulne, © Mona Mou Photography
Seitenschiff der Abtei Aulne, © Mona Mou Photography

Und so zog es ihn noch im selben Jahr weiter. Dabei ist „weiter“ relativ zu sehen, er zog nämlich lediglich ein paar Kilometer weiter und stiftete dort zwei Jahre später ein weiteres Benediktinerkloster, die heutige Abtei Aulne. Auch hier schien es ihm nicht zu gefallen, denn ein Jahr später zog es ihn wieder fort. Wieder ein paar Kilometer weiter, wieder ein neues Kloster, diesmal die Abtei Waslere.

Was als nächstes folgt, kann man sich fast denken. Er zog wieder weiter. Doch diesmal zog er mit seinen beiden Getreuen in den Wald und schaffte es tatsächlich, 13 Jahre ohne Klosterneugründung auszukommen. Dann allerdings wurde er wieder rückfällig und gründete im Jahr 670 das Kloster Crespin.

Nun hatte er wohl endgültig die Nase voll. Er ergab sich in sein Schicksal und wurde bis zu seinem Lebensende der erste Abt dieses Klosters.

Chorraum der Abtei Aulne
Chorraum der Abtei Aulne, © Mona Mou Photography

Die Abtei Aulne nach Landelin von Crespin

Mehr als 300 Jahre, von der Gründung im Jahr 656 bis zum Jahr 974, lebten, arbeiteten und beteten die Benediktinermönche in der Abtei Aulne. Von da an übernahmen die Augustiner-Chorherren, zu dieser Zeit eine Ansammlung von Mönchen ohne einheitliche Regeln, die Abtei. Da die klerikale Obrigkeit in Rom aber nicht gerade erfreut war von den regellosen Mönchen, gründete der Bischof Heinrich II. von Lüttich das Kloster 1147 kurzerhand neu. Diesmal wurde die Abtei Aulne ein Tochterkloster der Zisterzienser-Primarabtei Clairvaux.

Rund 300 Jahre lebten nun die Zisterzienser in der Abtei Aulne friedlich vor sich hin, bis das Kloster im 15. Jahrhundert in die Kriegswirren zwischen den Burgundern und den Lüttichern geriet und geplündert wurde. Die Mönche liessen sich allerdings nicht beirren und bauten alles wieder auf, nur um dann im 16. Jahrhundert mehrmals von den Franzosen und den Geusen ausgeplündert zu werden.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die Abtei Aulne dann aufwendig erneuert und erweitert, nur um wenige Jahrzehnte später dann im Zuge der Französischen Revolution aufgelöst und niedergebrannt zu werden. Bei dem verheerenden, absichtlich gelegten Brand wurde auch die Bibliothek, mit über 40 000 Büchern und Tausenden Manuskripten aus den vergangenen Tausend Jahren, völlig zerstört. Ein tragischer Verlust.

Trotzdem liessen sich nicht alle Mönche aus den Ruinen der Abtei Aulne vertreiben. Die Verbliebenen versuchten sich in den folgenden Jahrzehnten an einem Wiederaufbau, bis die Abtei dann schliesslich im Jahre 1859 endgültig aufgegeben wurde. Die intakten Gebäude wurden in ein Hospiz umgewandelt, bis die Ruinen 2006 in den Besitz der Region Wallonien überging.

© Mona Mou Photography
Dormitorium der Abtei Aulne, © Mona Mou Photography

Die Abtei Aulne heute

Die Abtei Aulne zählt heute zu den großen Touristenattraktionen der Region. Die erhaltenen Ruinen umfassen die ursprüngliche Abteikirche mit Querschiff und Chor aus dem 16. Jahrhundert, sowie die Fassade aus dem Jahr 1728. Aus späteren Bauperioden stehen außerdem noch einzelne Reste wie das Kapitelhaus, das Abtshaus und die Fundamente des Kreuzgangs.

Die Abtei ist nicht so gut erhalten wie die zweite große Klosterruine Belgiens, die Abtei Villers la Ville. Dennoch gibt sie einen guten Eindruck über die Weitläufigkeit spätmittelalterlicher Klosteranlagen, die alle nach dem gleichen Grundriss errichtet wurden.

Die Brautradition

Seit dem Mittelalter wurde in Aulne, wie in jedem ordentlichen Kloster auch Bier gebraut. Bier gehörte damals zu den Grundnahrungsmitteln. Während die kräftigen Biersorten für Feiertage und hohe Gäste reserviert waren, gehörte das Leichtbier zu den täglichen Mahlzeiten dazu. In den Blütezeiten mussten rund 1000 Mönche in Aulne verköstigt werden, weshalb die Klostereigene Brauerei wohl auch über entsprechende Kapazitäten verfügte.

Abtei Aulne, © Mona Mou Photography
Abtei Aulne, © Mona Mou Photography

Die Brauereikunst der Abtei Aulne endete mit dem Verlassen des Klosters 1859 und wurde erst knapp 100 Jahre später von der ortsansässigen Brasserie de l’Abbaye d’Aulne wieder aufgenommen und in alter Tradition fortgeführt. Dabei wird natürlich großer Wert auf Erkenntnisse und Herstellungsweisen der ehemaligen Mönche gelegt, was die Abtei Aulne zu einem beliebten Ausflugsziel von Bierliebhabern und -kennern macht.

Es ist ein ausgefüllter Sonntagsausflug, zuerst die Ruinen des Klosters zu besichtigen und die vergangene Zeit auf sich wirken zu lassen und anschliessend den Tag bei einem traditionellen Blonde, Brune oder Triple ausklingen zu lassen.

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